Saint-Étienne, die ehemals wohlhabende Industriestadt in Rhône-Alpes im Süden von Frankreich, hat in letzter Zeit etwas von ihrem Glanz eingebüßt, richtet sich jedoch mit bedeutenden Museen für Kunst und Design zunehmend auf Kultur und Tourismus aus.
Die historische Industriestadt Saint-Étienne im Süden des Landes zählte nie zu den Top 10 Sehenswürdigkeiten von Frankreich. Dies sollte sich im Sommer 2016 allerdings ändern, als das Stade Geoffroy-Guichard, Heimat des französischen Profiliga-Fußballclubs AS Saint-Étienne, 2016 zum Austragungsort der Fußball EM wurde. Das Stadion zählt heute zu unseren 10 wichtigsten Fußballstadien Frankreichs.
In den Sehenswürdigkeiten von Saint-Étienne spielt sich ihre industriell-technische Vergangenheit wieder. Viele der Haupt-Attraktionen liegen direkt im Zentrum und können zu Fuß erreicht werden. Lediglich zum berühmten Museum für Moderne Kunst, der Cité du Design und der Notre Dame ist der Weg etwas weiter.
Zusätzlich zum engen, wenig einladenden Straßennetz führen – ähnlich wie in Lyon – die so genannten Traboules durch die Hinterhöfe der Häuser. Gemeinsam mit den Gässchen im Zentrum bringen sie etwas charmanten Flair in die Stadt, was von den Plattenbauten außerhalb des Stadtkerns nicht behauptet werden kann.
Auch Grün findet man in Saint-Étienne nahezu vergeblich. Auf der Suche nach Vegetation und Natur führt der Weg unweigerlich auf den Hügel am Rande der Stadt. Am Aussichtspunkt Guizay lässt sich vom Fuß der Statue Sacré-Coeur nicht nur die Landschaft, sondern auch der herrliche Blick auf das dichte urbane Netz von Saint-Étienne genießen.
Inhaltsverzeichnis
Tour de la Droguerie

Eine Stadtbesichtigung beginnt am besten am Place du Peuple, der für den markanten Tour de la Droguerie berühmt ist. Der runde Turm ist ein Überbleibsel der alten Stadtbefestigung aus dem 16. Jahrhundert, diente jedoch nie Verteidigungszwecken.
Rathaus von Saint-Étienne

Über die Rue Général Foy Richtung Norden gelangt man zum Place Hôtel de Ville mit dem Rathaus von Saint-Étienne. Der nahezu unscheinbare Bau wurde im Jahr 1821 vom Architekten Pierre-Antoine Dalgabio errichtet.
Seine 51m hohe Kuppel ist mit einer Uhr und einem Glockenspiel versehen. Die beiden Statuen, die die Freitreppe zum Eingang flankieren, wurden 1872 installiert und symbolisieren die Stoff- und Metallindustrie.
Karl Borromäus Kathedrale

Etwas weiter nördlich neben dem Place Jean Jaurès thront die römisch-katholische Cathédrale Saint-Charles-Borromée. Sie wurde von 1912 bis 1923 erbaut, weist auf ihrer neugotischen Fassade jedoch kaum schmückende Elemente auf. Was dem Gebäude selbst an Dekor fehlt, macht sein Interieur mit Marmor-Altar, gewaltigen Kronleuchtern und zwei herrlichen Orgeln wieder wett.
Artikel: Cathédrale Saint-Charles-Borromée in St. Étienne
Musée de la Mine

Die Rue Paul Bert und die Rue Aristide Briand et de la Paix führen zum Park Puits Couriot mit dem Musée de la Mine. In der ehemaligen Mine wurden von 1913 bis 1973 rund 3000 Tonnen Kohle täglich zu Tage gefördert.
Die heute denkmalgeschützten Stollen und Maschinen wurden für das Minen-Museum restauriert und lassen gemeinsam mit authentischen Geräuschen den Bergarbeiter-Alltag wieder auferstehen. Besonders interessant: der Waschraum, in dem hunderte Bergarbeiter ihre Kleidung an die Decke hingen.
Artikel: Musée de la Mine in St. Étienne
Grand Église

Die gotische Grand Église liegt am Place Boivin, dem ehemaligen Herzen von Saint-Étienne und gilt seit 1949 als historisches Denkmal. Hinweise auf die Entstehung der Kirche gehen bis auf das Jahr 1310 zurück, tatsächlich wurde der Bau 1480 vollendet. Die dreischiffige Kirche ist den beiden Märtyrern, Saint Etienne und Saint Laurent geweiht.
Musée d’Art et d’Industrie und Musée d’art moderne

Das Museum für Kunst und Industrie am Place Louis Comté verbindet die schönen Künste mit der Kunst von Industrie und Technik und beherbergt unter anderem die zweitgrößte Waffensammlung Frankreichs. Auf einer Tour durch die vier Etagen des Museums treffen Besucher auf Webstühle, Gemälde, Jagd- und Feuerwaffen, historische Literatur, kostbare Seidenbänder und skurrile Fahrräder.
Das Musée d’art moderne liegt etwas außerhalb im Norden des Stadtzentrums von Saint-Étienne und zählt mit rund 19.000 Kunstwerken zu den größten Sammlungen moderner und zeitgenössischer Kunst in ganz Frankreich.
Das Museum wurde am 10. Dezember als Abspaltung des Musée d’Art et d’Industrie 1987 eröffnet. Es beherbergt Künstler vom 19. bis zum 21. Jahrhundert, darunter Yan Pei-Ming, Orlan, Georg Baselitz, Peter Halley und Dennis Oppenheim. Das 20. Jahrhundert ist mit Malerei, Bildhauerei, Design und Fotografie besonders prominent vertreten, es sind jedoch auch berühmte Künstler aus früheren Zeiten zu finden, wie zum Beispiel Monet, Rodin oder Le Brun.
Artikel: Museum für Kunst und Industrie in St. Étienne
Arbeitsamt von Saint-Étienne

Das Arbeitsamt am Course Victor Hugo ist ebenfalls ein öffentliches Gebäude, allerdings von außen attraktiver anzusehen als das Rathaus. Es wurde im frühen 20. Jahrhundert errichtet und wurde 2002 als historisches Denkmal eingetragen. Sehenswert sind vor allem die Säulenhalle und die Zimmer Sacco und Vanzetti.
Musée du Vieux Saint-Étienne
Vom Cours Victor Hugo einen Block nach Osten weiter verläuft die Rue Gambetta, die nach Norden zum Musée du Vieux Saint-Étienne führt. Das kleine aber feine Museum ist in einem Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert untergebracht und präsentiert die turbulente Geschichte von Saint-Étienne. Mit den außergewöhnlich schön gefertigten Kassettendecken ist hier auch eine lokale architektonische Besonderheit zu finden.
Manufacture d’Armes und Cité du Design

Die königliche Waffenfabrik von Saint-Étienne brachte der Stadt einst ihren Beinamen „Waffenschmiede der Nation“ ein. In Spitzenzeiten wurden hier 200.000 Waffen pro Jahr für die Truppen ganz Frankreichs und darüber hinaus hergestellt. Die Umwandlung der historischen Backsteinbauten zur Cité du Design war der erste Schritt, die schönen Künste in die industriell geprägte Stadt einzuführen.
Artikel: Cité du Design in der Manufacture d’Armes in St. Étienne
Notre Dame du Saint-Étienne

Ursprünglich wurde die barocke Kirche Notre Dame von Saint-Étienne im 17. Jahrhundert im Dorf Chavanel errichtet, welches später in die Stadt eingegliedert wurde. Deshalb liegt sie auch ziemlich weit im Süden des Stadtzentrums.
Am 8. Dezember 1669, zu Maria Empfängnis, wurde sie feierlich der Mutter Gottes geweiht. Besonders schön ist hier der Kreuzweg, gestaltet vom Pariser Keramiker Camille Le Tallec nach Entwürfen des belgischen Glasmalermeisters Theo Hanssen.
Geschichte der Industriestadt Saint-Étienne

Seit dem 14. Jahrhundert war Saint-Étienne ein Zentrum von Metallverarbeitung und Bergwerks-Industrie, insbesondere der Kohlenförderung. Die rege Wirtschaft trieb die Industrialisierung der Großstadt voran, statt kulturellen und architektonischen Denkmälern wuchsen in den geradlinig und sehr eng gezogenen Straßen Fabriken und Arbeitersiedlungen.
Vor allem die Waffenproduktion während diverser Kriege im 19. und 20. Jahrhundert brachte großen Reichtum in die „Waffenschmiede Frankreichs“. Selbige führte am 26. Mai 1944 allerdings zu heftigen Bombardements durch die Amerikaner, die in nur wenigen Minuten an die 1100 Gebäude zerstörten.
In den 1970er-Jahren stürzte die Bergbau-Industrie in eine schwere Krise und Saint-Étienne verlor sowohl Wohlstand als auch Einwohner. Dennoch ist und bleibt Saint-Étienne das Zentrum der Montan-Industrie und beherbergt mit der Elite-Schule École des Mines eine der besten Ingenieurs-Hochschulen und der berühmtesten Berg-Akademien Frankreichs.
BILDER: Saint-Étienne, Frankreich
Fotogalerie: Sehenswürdigkeiten von Saint-Étienne
Weiterführende Links:
Offizielle Website von Saint-Étienne
Offizielle Website des Musée d’art moderne in Saint-Étienne
Offizielle Website der Cité du Design in Saint-Étienne
Offizielle Website des Museums für Kunst und Industrie in Saint-Étienne
Offizielle Website des Musée de Vieux Saint-Étienne